Patentrecht: Achtung des Grundsatzes „FRAND“ bei Verhandlungen über Lizenzbedingungen OLG Karlsruhe, Urteil v. 20.10.2019 – 6 U 183/16
Patentrecht: Achtung des Grundsatzes „FRAND“ bei Verhandlungen über Lizenzbedingungen
OLG Karlsruhe, Urteil v. 20.10.2019 – 6 U 183/16
Ein Elektronikunternehmen, welches eine Vielzahl von Patenten hält und weltweit operiert, verklagt eine Unternehmensgruppe wegen einer Patentverletzung. Dafür möchte das Elektronikunternehmen die beklagte Unternehmensgruppe u.a. auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch nehmen. Das Patent des Elektronikunternehmen erstreckt sich auf dem Gebiet der Telekommunikation zum Zwecke der Datenübertragung und Zusammenstellung von Datenpaketen. Die beklagte Unternehmensgruppe vertreibt LTE-fähige Telefone.
Die Unternehmensgruppe verletze mit dem inländischen Vertrieb der LTE-fähigen Telefone mehrere Patente der klagenden Elektronikgruppe. Zudem besteht kein Lizenzvertrag zwischen den beiden Parteien. Das klagende Elektronikunternehmen hat der Unternehmensgruppe Lizenzbedingungen unterbreitet, um die Gebührenerteilung zu regeln. Zuerst listete diese die betroffenen Patente auf und verwies auf jene, welche durch den Vertrieb des LTE-fähigen Mobiltelefons verletzt werden. Ein Zusammentreffen der beiden Parteien fand nicht statt. Letztlich stellte das klagende Unternehmen Patentansprüche und Patentverletzungen gegenüber und offerierte den Abschluss des Lizenzvertrages unter Beifügung eines „license agreement´s“. Zudem übersandt die Klägerin weitere technische Informationen. Diese Vorschläge wurden von der Beklagten nicht zur Kenntnis genommen, woraufhin das Elektronikunternehmen Klage einreichte. Die beklagte Unternehmensgruppe meldete sich einen Tag nach Klageerhebung, um über die Bedingungen der Klägerin, um nun nach Treu und Glaube zu verhandeln und unterbreitete daher neue Lizenzbedingungen.
Lizenzbedingungen werden grundsätzlich nach dem sogenannten „FRAND-Verfahren“ ausgehandelt. Das bedeutet, dass die Bedingungen eines marktbeherrschenden Unternehmens fair, vernünftig und diskriminierungsfrei sein müssen, um in Einklang mit Kartell- und Wettbewerbsrecht zu stehen. Ziel ist es, einen Vertrag im Sinne der betroffenen Interessen zu erarbeiten. Der Patentbenutzer muss zur Bestätigung seiner Lizenzwilligkeit ohne jegliche Verzögerungstaktik gewisse Obliegenheiten, wie Lizenzierungsbitte, FRAND-Gegenangebot und auch Abrechnung und Sicherheitsleistung, einhalten. Erfüllt ein Patentinhaber oder der Patentnutzer bei Lizenzverhandlungen insoweit die FRAND-Bedingungen nicht, liegt ein Missbrauch der kartellrechtlichen Stellung vor.
Zwar hat sich die Beklagte erst sehr spät, und sogar erst nach Klageerhebung „lizenzwillig“ gezeigt, dennoch ist diese sogenannte „Nachholung“ erlaubt. Die Verhandlungspflichten des klagenden Elektronikunternehmens können auch während des Rechtsstreites nachgeholt werden. Dabei sind unbedingt die FRAND-Kriterien zu beachten und gegenüber der beklagten Partei zu begründen. Hat der Patentinhaber mit einem dritten Patentnutzer bereits einen Lizenzvertrag zu unterschiedlichen Bedingungen abgeschlossen, so muss der Patentinhaber wesentliche Lizenzvertragsbedingungen so darlegen und auch erläutern, sodass ein weiterer Patentnutzer genau nachvollziehen kann, aus welchen Sachgründen er ungleichen Konditionen ausgesetzt ist.
Insoweit ist das Elektronikunternehmen seinen Verhandlungspflichten dennoch nicht nachgekommen. Denn dasjenige Unternehmen, welches das Patent innehat, muss insbesondere dann im Zuge der Verhandlung Lizenzgebühr, sowie Art und Weise der Berechnung angeben, um dem Fairness-Kriterium gerecht zu werden. Eben diesen Verhandlungspflichten ist das klagende Elektronikunternehmen nicht in vollem Umfang nachgekommen. Daher können keine Ansprüche auf Unterlassung oder Rückruf der verkauften Mobiltelefone geltend gemacht werden. Da die Beklagte dennoch die Mobiltelefone zum Verkauf anbot, mit Wissen bezüglich der Patentverletzung, ist diese zumindest zu Schadensersatz zu verpflichten, sowie zur Auskunfts- und Rechnungslegung.
Anwälte
Dr. JUR. Nadin Staupendahl
Fachanwältin für IT Recht
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Tim Staupendahl
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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