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Die Anwendbarkeit der DSGVO auf Datenverarbeitungen in den USA High Court, Urteil vom 15. Januar 2021 - Soriano v Forensic News LLC [2021] EWHC 56 (QB) 


Die Anwendbarkeit der DSGVO auf Datenverarbeitungen in den USA High Court, Urteil vom 15. Januar 2021 - Soriano v Forensic News LLC [2021] EWHC 56 (QB)

 

In dem Urteil des High Court´s ging es um zehn Veröffentlichungen und verschiedene gepostete Inhalte auf sozialen Netzwerken, wie Facebook und Twitter. Dabei stützt sich der Kläger, welcher israelischer Nationalität ist, jedoch seit 2009 auch britischer Staatsbürger ist, auf verschiedene verletzende Handlungen. Darunter sind fehlender Datenschutz, Hassrede, üble Nachrede, Beleidigungen und auch der Missbrauch persönlicher Daten zu zählen. Ein in California sesshafter Berichterstatter namens Forensic News LLC veröffentlichte die Artikel, welche sich mit dem Thema rund um Trumps Finanzaffairen befassten und sich mit den Aktivitäten einer israelischen Gesellschaft beschäftigten, die wohl etwas mit dem Kläger zu tun hat. Insgesamt wurden 159 Artikel zu diesem Thema veröffentlicht. Darunter sind die zehn streitgegenständlichen Artikel. Für alle zehn Artikel macht der Kläger geltend, in seinem Datenschutz verletzt zu sein. Begründet wird dies von der Klägerseite mit dem Argument, der Kläger sei eine betroffene Person im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Auf der Beklagtenseite befänden sich Verantwortliche, die personenbezogene Daten verwenden und Auftragsverarbeiter. Um solche Ansprüche geltend machen zu können, müssten die Vorschriften der DSGVO jedoch zunächst anwendbar sein.

 

Nach Artikel 79 DSGVO haben Betroffene das Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter. Im Sinne dieser Vorschrift soll es Klägern, wohnhaft in einem Mitgliedsstaat, ermöglicht werden, auch in diesem, Klage zu erheben, bevor er dies in einem anderen Staat machen muss. Das gilt, auch wenn der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter seinen Sitz woanders hat. Das geforderte Merkmal des „gewöhnlichen Aufenthaltsortes“ aus Artikel 79 Absatz 2 kann der Kläger hier zweifelsohne erfüllen.

 

Die Beklagten stützten sich hingegen weitestgehend auf Artikel 3 der DSGVO, um geltend zu machen, dass die DSGVO letztlich nicht anwendbar sei. In diesem Artikel wird der räumliche Anwendungsbereich geregelt. Im ersten Absatz ist die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer Niederlassung seitens des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter in der Europäischen Union gefordert, unabhängig davon, ob die Verarbeitung in der Union stattfindet. In den Erwägungsgründen Nr. 23 und 24 zu der DSGVO ist dargelegt, wann eine solche Niederlassung anzunehmen ist. Danach kann schon die Anwesenheit eines einzigen Mitarbeiters in einem Mitgliedsstaat ausreichen. Hinzutretend muss auch die betreffende Verarbeitung im Rahmen der Tätigkeit des in der EU ansässigen Mitarbeiters erfolgen. Ansonsten ist auch hierbei nicht die DSGVO anwendbar. Zudem sei auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu verweisen. In der sogenannten Weltimmo-Entscheidung des EuGH (2016, 1 WLR 863, Rn. 29 & 31) wurden die Voraussetzungen einer Niederlassung geprüft. Eine Niederlassung läge unter anderem dann vor, wenn eine tatsächliche Tätigkeit durch feste Vereinbarungen ausgeführt würde.

Auch die Richtlinien des Europäischen Datenschutzausschusses würden Aufschluss über die Bestimmung einer „Niederlassung“ geben. Bezüglich des Artikel 3 Absatz zwei sei mit Hinblick auf die Niederlassung vor allem auch zu prüfen, auf was die Verarbeitungstätigkeiten bezogen sind. In Bezug mancher Verarbeitungstätigkeiten, können diese der DSGVO unterliegen. Zudem sei in Bezug auf das „Beobachten von Verhaltensweisen einzelner Personen“ zu beachten, zu welchem Zweck der für die Verarbeitung Verantwortliche die Daten verarbeitet und insbesondere etwaige nachfolgende Verhaltensanalysen oder Profiling-Techniken anwendet.

 

Was den Absatz 1 des Art. 3 DSGVO betrifft, so sei dieser in den Augen des Klägers anzuwenden, aufgrund der Veröffentlichungen auf Englisch, möglicher Spenden in der Währung Sterling und Euro und im Falle eines Online-Einkaufes auf der Website der Beklagten, wo eigene Werbeartikel verkauft werden und auch Adressen aus Großbritannien akzeptiert werden. Zudem lud ein Tweet die Leser aus Großbritannien und der EU dazu ein, sich an einer Abonnementplattform zu beteiligen. Bezüglich des Absatzes 2 sei dieser zum einen anzuwenden, da die Beklagten den Lesern im Vereinigten Königreich als Verantwortliche Dienstleistungen anbieten. Zum anderen sei der Absatz 2 des Artikel 3 DSGVO anwendbar, da auf der Website Cookies platziert würden, die personenbezogene Daten erheben und an Facebook Ireland Ltd und Google Ireland Ltd zwecks zielgerichteter Werbung weitergeben. Zudem hätten die Beklagten auch personenbezogene Daten über den Kläger gesammelt.

 

Dass Artikel 3 Absatz 1 DSGVO nicht einschlägig ist, liege an der fehlenden Zweigniederlassung in Großbritannien. Forensic News LLC hat keine Arbeitnehmer oder sonstige Repräsentanten in Großbritannien. Dass es Leser in diesem Land gibt, die die Artikel von dieser Website lesen, sei von sehr geringer Relevanz und könne schon nicht den Anforderungen des Artikel 3 Absatz 1 DSGVO gerecht werden. Zudem sei auch die journalistische Orientierung, wenn auch unter anderem auf Großbritannien bezogen, nicht von Relevanz. Vielmehr sei zu bestimmen, ob es überzeugt, dass ausreichende Voraussetzungen verfügbar sind, um über „stabile Vereinbarungen“ zu diskutieren, die es ermöglichen, das Leistungsportal zu durchlaufen. Hier erfolgten weniger als eine Handvoll britischer Abonnements auf einer Plattform, die auf rein generischer Basis Zahlungen für Dienste verlangt und die jederzeit gekündigt werden können. Hierbei handelt es sich um jene Vereinbarungen. Innerhalb von drei Monaten erfolgten lediglich drei einmalige Spenden und innerhalb von 17 Monaten drei Abonnements für die besagte Abonnementplattform, welche aus Großbritannien stammten. Weitere Einnahmen wurden aus dem Vereinigten Königreich oder der EU hingegen nicht erzielt. Für die Zwecke von Artikel 3 Absatz 1 ist es hinzutretend nicht erforderlich, zu prüfen, ob die fragliche Verarbeitung „im Rahmen“ der Tätigkeiten eines in der EU niedergelassenen Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters erfolgt. Damit scheitert der Fall des Klägers schon an dieser Voraussetzung.

 

Was Artikel 3 Absatz 2 betrifft, deutet nichts darauf hin, dass Forensic News LLC Großbritannien hinsichtlich der von ihm angebotenen Waren und Dienstleistungen ins Visier nimmt. Dass dieses Land ein potentieller Versandort für Waren ist, die aber offenbar von niemandem gekauft worden sind, außer vielleicht mal einer Baseballkappe, erfüllt auch nicht den Absatz zwei. Soll diese Handlung unter diesen Absatz gezählt werden, muss seitens des Klägers dargelegt werden, wie das Anbieten von Waren und Dienstleistungen zu der Kerntätigkeit der Beklagten und damit dem Journalismus verbunden ist. Das wird wohl eher schwer sein. Es genügt nicht, wenn der Kläger darlegt, dass Forensic News LLC eine Verarbeitung vorgenommen hat, die mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen in diesem Zuständigkeitsbereich zusammenhängt oder dass diese Verarbeitung eventuell im Rahmen der charakterlichen Kerntätigkeit erfolgt sein könnte.

 

Der Artikel 3 Absatz zwei könne auch aufgrund der gesetzten Cookies einschlägig sein, wodurch personenbezogene Daten analysiert werden können, um Verhaltensprofile zu erstellen. Aber auch das geschehe rein in der Lenkung von Werbeinhalten. Es gäbe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verwendung von Cookies etwas mit der „Überwachung“ zu tun hätte, die der eigentlichen Beschwerde des Klägers zugrunde liegt: Die journalistische Tätigkeit des Beklagten wurde nicht durch den Einsatz dieser Cookies, sondern durch die Nutzung des Internets als Ermittlungsinstrument im Rahmen der Online-Recherche über den Kläger determiniert. Das Erstellen von Verhaltensprofilen, welches eigentlich unter die Bestimmung des Absatzes zwei fällt, steht in keinem Zusammenhang mit der Verarbeitung, über die sich der Kläger beschwert. Damit ist auch der Artikel 3 DSGVO nicht auf den vorliegenden Fall anzuwenden.

 

Damit läuft es darauf hinaus, dass der Fall nicht unter den Anwendungsbereich der DSGVO fällt und damit auch keine Betroffenenrechte aus der DSGVO geltend gemacht werden können.


Anwälte

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Dr. JUR. Nadin Staupendahl

Fachanwältin für IT Recht

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Tim Staupendahl

Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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