Urheberrechtsschutz für einen Heizstrahler OLG Hamburg, Urteil vom 30. März 2023 - 5 U 77/21

Urheberrechtsschutz für einen Heizstrahler
OLG Hamburg, Urteil vom 30. März 2023 - 5 U 77/21


Das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) hat entschieden, dass ein Heizstrahler in Pyramidenform als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt sein kann. Bei der Beurteilung, ob Werke der angewandten Kunst, im Gegensatz zu jenen der bildenden oder literarischen Kunst, die für einen Urheberrechtsschutz erforderliche Gestaltungshöhe erreichen, ist zu berücksichtigen, dass ein solches Werk auch eine ästhetische Wirkung der Gestaltung begründen muss, damit es den Urheberschutz genießen kann, soweit dies nicht dem Gebrauchszweck geschuldet ist, sondern auf einer künstlerischen Leistung beruht. Der Gesamteindruck sei danach maßgeblich, welcher sich aus dem Zusammenwirken aller wesentlichen Eigenschaften ergibt. Dem Urheber steht ein Gestaltungsspielraum zu, in welchem er seinen schöpferischen Geist in origineller Weise ausdrücken kann, so das OLG. Der Gestaltungsspielraum könne allerdings bei funktionalen Gegenständen, wie ein Heizstrahler, eingeschränkt sein, sodass sich die Frage aufdränge, ob diese Gegenstände über ihre von der Funktion vorgegebenen Form hinaus künstlerisch gestaltet sind und diese Gestaltung eine Gestaltungshöhe erreicht, die einen Urheberrechtsschutz rechtfertigt. Um schlussendlich feststellen zu können, ob ein Heizstrahler nach dem Urheberrecht schutzfähig sein könne, müsse bestimmt werden, ob der Urheber des Erzeugnisses mit der Wahl von dessen Form seine schöpferische Fähigkeit in eigenständiger Weise zum Ausdruck gebracht hat, indem er freie und kreative Entscheidungen getroffen und das Erzeugnis dahingehend gestaltet hat, dass es seine Persönlichkeit wiederspiegelt, so das OLG. Dies mache den Urheberrechtsschutz aus. Im Fall eines technischen Geräts, wie dem Heizstrahler, ist dann zu differenzieren und abzuwägen, welche formprägenden Merkmale technisch bedingt und welche frei wählbar sind, um den Ausdruck der persönlichen Kreativität und Schöpfung herausarbeiten zu können. Nach diesen Grundsätzen entschied sich das OLG für die Annahme eines Objektes, was dem Urheberrechtsschutz unterliegt. Denn entscheidend sei, dass trotz des zweifelsfreien Gebrauchszwecks eines Heizstrahlers für den Entwerfer nicht nur hinreichende Spielräume für freie kreative Entscheidungen bestanden, in denen sich die Persönlichkeit des Schöpfers widerspiegele, und von diesem in individueller Weise ausgefüllt wurden. Sondern auch ein erheblicher Abstand vom vorbekannten Formenschatz realisiert wurde. Danach könne eine Gestaltungshöhe erreicht werden, die urheberrechtlichen Schutz genieße. Die Gebrauchsform und die künstlerische Gestaltung können schlussendlich in einer Form verschmelzen. So steche nach Ansicht des OLG eine dreieckige Grundform, die pyramidenhaft ohne Unterbrechung nach oben hin schmaler wird, und der Wechsel aus geschlossenem Unterteil und vergittertem Oberteil mit dem senkrechten Glasrohr, das die Arbeit der Flammen erkennbar macht, unverwechselbar hervor. So würden Aufbau, Konstruktion und auch die Funktion des Heizstrahlers für jeden Betrachter offengelegt. Die Brennkammer könne so als ästhetisches Gestaltungselement verwendet werden und dem Betrachter ebene jene Flammen zur Show stellen im Gegensatz zu einem verschlossenen Heizpilz.
Das heißt infolge dessen kann ein urheberrechtlicher Verbreitungs- und Unterlassungsanspruch bestehen.