Verstärkter Schutz von Whistleblowern durch das neue Hinweisgeberschutzgesetz
Am 10.01.2023 sollte das Hinweisgeberschutzgesetz den Bundesrat passieren. Doch dieser stimmte dem Gesetzesentwurf nicht zu. Die Pflicht, ein solches Gesetz zu verabschieden, resultiert aus einer europäischen Richtlinie, die bis Dezember 2021 umzusetzen war. Da dies nun bis heute nicht erfolgte, gelten seit Beginn des Jahres 2022 die Vorgaben des Europarechts. Nun heißt es, den Vermittlungsausschuss anzurufen, Änderungen vorzunehmen und erneut über den Entwurf abzustimmen. Dies kann noch einige Monate dauern. Damit lässt die Rechtssicherheit für Hinweisgeber noch auf sich warten, wenn sie Missstände in Behörden und Unternehmen aufdecken wollen. Durch das Gesetz sollen Whistleblower vor Repressalien wie Kündigungen, Versetzungen oder Disziplinarmaßnahmen, insbesondere durch einen verbesserten Kündigungsschutz, geschützt werden. Beschäftigte sollen gerade nicht ihre wirtschaftliche Existenz riskieren müssen, um Wahrheiten aufzudecken. Die Hinweisgeber genießen immer dann Schutz, wenn es um Verstöße geht, die ein Bußgeld nach sich ziehen können, und Gefahren für Leben und Gesundheit sowie den Schutz der Rechte von Beschäftigten oder auch die Umwelt und Produktsicherheit bedrohen.
Das bisherige Hinweisgeberschutzgesetz gilt für Unternehmen und öffentliche Stellen mit mindestens 50 Beschäftigten. Der derzeitige Entwurf begründet damit ein Pflichtenprogramm für kleinere und mittelständische Unternehmen. Diese müssen in ihren Unternehmen interne Meldestellen einrichten, durch welche es den Beschäftigten ermöglicht wird, relevante Informationen anonym weiterzugeben. Die Meldestellen müssen diesen Informationen sodann nachgehen oder an die zuständigen Ermittlungsbehörden weitergeben. Unternehmen mit maximal 249 Beschäftigten haben für die Einrichtung solcher Meldestellen Zeit bis zum 17.12. 2023. Der Aufwand zum Betrieb einer solchen Meldestelle kann jedoch insoweit gemindert werden, als auch externe Dienstleister, wie zum Beispiel spezialisierte Kanzleien, damit beauftragt werden können. Sollte ein Hinweisgeber einer solchen internen Stelle nicht trauen, kann er auch direkt zum Bundesamt für Justiz gehen, das sich der Bearbeitung der Information als externe Meldestelle annimmt. Bei einer bedeutsamen Dringlichkeit (sogenannte Gefahr in Verzug) können durch den Hinweisgeber sogar gleich Medien eingeschaltet werden.
Allerdings wurde schon vor der Abstimmung im Bundesrat vielfältige Kritik an dem Entwurf geübt, die die Gründe der Zustimmungsverweigerung des Bundesrates verdeutlichen. Ein Grund besteht darin, dass derjenige, der etwas meldet, was sich jedoch als falsch herausstellt, nicht für spätere Schäden einstehen müsse, die durch die falsche Meldung entstanden sind. Außerdem fehle ein Anreiz, interne Meldestellen des Unternehmens zu nutzen. Vielmehr müssen mehr unabhängige Stellen eingerichtet werden. Auch den besagten arbeitsrechtlichen Schutz, beispielsweise in Form von Kündigungsschutz, soll ein Hinweisgeber nur dann genießen dürfen, wenn er aus altruistischen Motiven heraus handelt. Nicht aber, wenn er finanzielle Interessen hat oder anderen schlichtweg schaden will. Zudem könne es dazu kommen, dass das Bundesamt für Justiz durch eine Vielzahl an Hinweisgebern überlastet sein wird und in der vorgegebenen Bearbeitungsfrist von drei Monaten nicht unbedingt fähig ist zu reagieren. Wird die Frist allerdings nicht eingehalten, können die Whistleblower Medien einschalten, was wiederum schädigend für das betroffene Unternehmen sein kann, sollte der Hinweisgeber aus schädigenden Motiven heraus handeln.
Es bleibt also abzuwarten, welche Änderungen nun vorgenommen werden, um ein zustimmungsfähiges Gesetz auf den Weg bringen zu können, damit Hinweisgebern einen angemessenes Schutzniveau gewährleistet werden kann.