Das "Recht auf Vergessenwerden" bei Kreditauskünften Bezirksgericht Amsterdam, Urteil vom 26.10.2023 - ECLI:NL:RBAMS:2023:6456

In dem zu entscheidenden Fall ging es um eine Person, die bei der ING Bank im Jahre 2005 eine Hypothek bestellt hatte. Allerdings war es dieser Person in den folgenden Jahren nicht mehr möglich, diese Hypothek zu bedienen. Nach der Versteigerung des Hauses der Person im Jahre 2009 verblieb noch immer eine offene Forderung der ING Bank. In den folgenden zehn Jahren arbeiteten der Schuldner und die ING Bank an der Tilgung der Forderung. Im Jahre 2021 war die Forderung schlussendlich getilgt. Allerdings hatte die ING Bank den Schuldner noch immer auf einer Liste negativ vermerkt, die in dem zentralen Kreditinformationssystem der verwaltenden zuständigen Behörde in den Niederlanden zu finden ist. Der Schuldner und nun datenschutzrechtlich Betroffene hat eine Löschanfrage bei der Bank gem. Artikel 17 der Datenschutzgrundverordnung (DSSGVO) gestellt. Allerdings wurde diese Anfrage verneint. Nach Ansicht der Bank sei es wichtiger, die Kreditwürdigkeit anhand des Eintrages überprüfen zu können als dem Recht auf Löschung des Betroffenen nachzukommen. Daraufhin ist der Betroffene vor das Bezirksgericht in Amsterdam gezogen.

Das Bezirksgericht Amsterdam entschied nun, dass das Recht einer betroffenen Person auf Vergessenwerden gemäß Artikel 17 der DSGVO Vorrang vor den Interessen einer Kreditauskunftei an der Speicherung ihrer Finanzdaten hat. Um einen solchen Vorrang feststellen zu können, ermittelte das Bezirksgericht zunächst die zu gewichtenden Interessen der beteiligten Parteien. Hierbei wurde das berechtigte Interesse der Bank an der Datenverarbeitung ausgearbeitet. Dem Gericht sind dabei durchaus der Sinn und Zweck hinter einem solchen Eintrag in der Auskunftei bewusst. Denn zum einen soll ein solcher Eintrag dem Verbraucherschutz dienen, indem sich dieser auf diese Art und Weise nicht noch mehr Schulden auflasten kann. Zum anderen soll in diesem Fall die Bank als „Geldgeber“ davor geschützt werden, keine Verbindlichkeiten mit nicht zahlungsfähigen Schuldnern einzugehen. Nach diesen Angaben sah sich die ING Bank im Recht, dass ihr Interesse am Aufrechterhalten des Eintrages, angesichts der vorangegangen Historie mit dem Betroffenen, überwiege. Dem stimmte das Bezirksgericht allerdings nicht zu. Denn der Betroffene, damals nicht zahlungsfähige Schuldner, hat seine Kreditwürdigkeit durchaus verbessert und alle noch offenen Forderungen getilgt. Daher habe die Bank kein berechtigtes Interesse mehr an dem negativen Eintrag in der Auskunftei über den Betroffenen, da der dahinterstehende Sinn eines solchen Eintrages nicht mehr erfüllt werde beziehungsweise erfüllt werden müsse. Nicht ausschlaggebend sei dabei, ob der damalige Schuldner Hilfe hatte bei der Tilgung der Forderung.