Der zum Amazon-Konzern gehörende Amazon-Marketplace wird wegen unlauterer Angaben auf der Plattform auf Unterlassung und Zahlung einer Abmahnkostenpauschale in Anspruch genommen. Über den Amazon-Marketplace können gewerbliche Anbieter Produkte im eigenen Namen und auch auf eigene Rechnung verkaufen. Der Amazon-Marketplace wurde darauf hingewiesen, dass auf der Plattform zahlreiche pflanzliche Produkte mit „Sojamilch“ oder „Reismilch“ beworben würden. Dabei handele es sich allerdings um unzulässige Angaben für rein pflanzliche Lebensmittel. Diese könnten nicht als „Milch“ bezeichnet werden. Amazon Marketplace wurde aufgefordert, die konkret beanstandeten Angebote zu entfernen und weiteren Prüfungs- sowie Beanstandungspflichten in Bezug auf andere und auch zukünftige Angebote nachzukommen. Allerdings wurden nur die konkret beanstandeten Angebote entfernt und sichergestellt, dass diese nicht erneut auf der Plattform eingestellt werden können. Doch waren weiterhin zahlreiche andere Angebote abrufbar, die für die Milchersatzprodukte das Wort „Milch“ verwendeten. Daneben wurde auch die Empfehlung eines veganen Milchersatzproduktes durch „Amazon’s Choice“ für entsprechende Milchersatzprodukte beanstandet.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat nun die Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht bejaht. Diese bestehe darin, dass trotz vorhergehender Hinweise auf Verstöße von Drittbewerbern gegen europäische Bezeichnungsvorschriften für Milch und Milcherzeugnisse auf dem Amazon-Marketplace nicht effektiv dafür Sorge getragen wurde, dass gleichartige Verstöße beseitigt und effektiv verhindert würden. Denn es liege eindeutig ein Verstoß darin Milchersatzprodukte als „Milch“ zu bezeichnen, ohne dass eine Ausnahme nach europäischen Vorgaben dafür vorliege. Diese Verstöße von Drittanbietern zu beseitigen, steht in der Verantwortlichkeit des Plattformbetreibers. Denn die europäischen Bezeichnungsvorschriften sind sogenannte Marktverhaltensregelungen im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Danach handelt derjenige unlauter, der entgegen einer Vorschrift handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, wenn der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Dies sei nach Ansicht des OLG vorliegend der Fall, unabhängig davon, ob die Verbraucher erkennen mögen, dass es sich lediglich um Milchersatzprodukte handeln mag. Indem der Plattformbetreiber nicht seinen Verkehrspflichten und damit der Unterbindung entsprechender Beeinträchtigungen entsprach, wurde unlauter im Sinne des UWG gehandelt. Die entsprechenden Verkehrspflichten wurden mit dem vorgerichtlichen Hinweis auf die wettbewerbsrechtlichen Prüfungs- und Beseitigungspflichten ausgelöst. Diesen Pflichten wurde nicht in angemessenem Maße Rechnung getragen, sodass ein Unterlassungsanspruch zuzusprechen ist. Dabei kann der Plattformbetreiber zur Sicherung der besagten Pflichten auf automatisierte Techniken und Mittel zur Nachforschung und Einhaltung entsprechender Vorgaben zurückgreifen. Dabei sind auch bereits bestehende Verletzungen zu unterbinden.
Hingegen treffen den Plattformbetreiber keine Verkehrspflichten in Bezug auf die Angaben im Zusammenhang mit „Amazon’s Choice“ für Milchersatzprodukte. Denn diese Angaben beruhen lediglich auf der Wiedergabe von Suchbegriffen der Verbraucher. Soweit das Suchwort, beispielsweise „Reismilch“ in Anführungszeichen gesetzt ist, ist für den durchschnittlichen Verbraucher erkennbar, dass das Wort lediglich als Suchangabe wiedergegeben wird und kein von „Amazon“ selbst verwendeter Begriff ist. Das heißt in diesem Fall treffen den Plattformbetreiber keine Pflichten, sich bei der Wiedergabe des Nutzersuchwortes an die europäischen Bezeichnungsvorschriften zu halten.